Artikel: VOM FELD ZUM TOFU: DIE HANDGEFERTIGTE WERTSCHÖPFUNGSKETTE DER TESSINER SOJA

VOM FELD ZUM TOFU: DIE HANDGEFERTIGTE WERTSCHÖPFUNGSKETTE DER TESSINER SOJA
"Wir sind ein kleines Tessiner Unternehmen und haben nicht die Ressourcen, alle unsere Texte professionell übersetzen zu lassen. Wir bitten um Verständnis, falls Sie kleine Fehler in den Texten finden sollten. -Team Tigusto-"
Ein Beispiel für Nachhaltigkeit und Innovation, das Vorurteile widerlegt und die Essgewohnheiten verändert, von Schulen bis zu Altersheimen.
Artikel von Alice Tognacci
Das vollständige Video findest du hier:
Die handgefertigte Wertschöpfungskette der Tessiner Soja
RSI Food, 15.10.2025, 17:12
Fotos und Videos von Alessia Rauseo
Hände, Erde, Tessin: Das Gute von hier
Dieser Bericht ist Teil der Serie „Hände, Erde, Tessin. Das Gute von hier“, produziert von RSI Food in Zusammenarbeit mit Ticino a Te – einem Projekt des Kompetenzzentrums für Agrar- und Lebensmittelwirtschaft Tessin (CCAT), einer gemeinnützigen Organisation – und der Landwirtschaftssektion der Volkswirtschaftsdirektion.
Jeden Monat erzählen wir in Videos und Artikeln die Geschichten der landwirtschaftlichen und lebensmittelhandwerklichen Produktion des Kantons – informativ, neugierig und nah an den Menschen. Jede Episode hebt eine lokale Wertschöpfungskette hervor, durch die Stimme einer Fachperson, die stellvertretend für ein kollektives Wissen steht. Ziel ist es, Mythen zu entkräften, handwerkliche Arbeit zu würdigen und das echte „Gute von hier“ sichtbar zu machen.
Im Tessin bedeutet Oktober nicht nur Kastanien und Weinlese: Es ist auch Erntezeit für Soja. Eine Kulturpflanze, die, überraschenderweise, seit Jahrzehnten hier zu Hause ist. Soja kommt also nicht aus fernen Regionen, sondern findet auf der Magadinoebene ideale Bedingungen, um zu wachsen und den Boden zu regenerieren.
„Die Tessiner Soja wird zweimal ausgesät – und im Oktober ernten wir die zweite Aussaat.“
So erklärt es Pablo Wydler, Inhaber von TiGusto in Gerra Piano, dem einzigen Betrieb im Tessin, der 100 % biologische und lokale Soja zu Tofu und anderen pflanzlichen Spezialitäten verarbeitet.
Soja gibt es im Tessin seit Jahrzehnten, aber erst in den letzten Jahren hat sich eine vollständig biologische Lieferkette entwickelt, die den Schweizer Standards folgt:
- keine GVO,
- keine Pestizide,
- sorgfältige Fruchtfolge, denn – wie Pablo erklärt –:„Soja reichert den Boden mit Stickstoff an und ist deshalb auch für die Landwirte ein Gewinn.“
Pablo Wydler und das Erbe von Pierluigi Zanchi
Alles beginnt 1988, als Pierluigi Zanchi, eine Schlüsselfigur der biologischen Landwirtschaft im Tessin, in Muralto eine kleine Manufaktur gründet. Seine Vision ist pionierhaft:
Tofu, Tempeh, Seitan und weitere pflanzliche Lebensmittel handwerklich und nachhaltig herzustellen, lange bevor diese Produkte in der breiten Ernährung angekommen waren.
2002 zieht der Betrieb nach Gerra Piano um.
Zanchi entwickelt die Produktion weiter – stets treu seinen Werten: regionale Rohstoffe, saubere Lieferkette, ökologisches Engagement.
2025, mit seinem Rückzug, übernimmt Pablo Wydler, gelernter Koch mit Erfahrungen in der Schweiz und im Ausland. Ein fast natürlicher Generationenwechsel:
„Es war Liebe auf den ersten Blick. Ich habe sofort gespürt, dass diese Tätigkeit Werte verkörpert, an die ich zutiefst glaube.“
Heute führt das Unternehmen seine Arbeit mit derselben Überzeugung weiter – mit neuen Impulsen, aber mit dem gleichen handwerklichen Herzen, das zwei Generationen mit einer gemeinsamen Vision verbindet: bewusste, lokale und nachhaltige Ernährung.
Sojaanbau in der Schweiz
In der Schweiz werden rund 3’300 Hektar Soja angebaut, mit einer Gesamtproduktion von etwa 4’000 Tonnen.
Die schweizerische Sojaproduktion deckt weniger als 1 % des nationalen Bedarfs, und etwa die Hälfte davon wird als Futtermittel verwendet.
Die grössten Anbauflächen befinden sich im Mittelland, besonders in den Kantonen Waadt und Genf, die 2023 zusammen fast 59 % der nationalen Sojaflächen ausmachen.
Neben dem Tessin gibt es auch im Kanton Bern, vor allem in der Region Seeland, Bio-Betriebe, die Soja für den menschlichen Verzehr anbauen – so etwa der Garohof, der seit mindestens 2016 Bio-Soja produziert.
Trotz mässiger Erträge und klimatischen Herausforderungen schätzt man die Pflanze, weil sie:
- keine chemischen Dünger benötigt (fixiert Stickstoff)
- bisher kaum Schädlingsdruck kennt,
- sich gut in Fruchtfolgen integrieren lässt und so die Bodengesundheit fördert.
Wie wird Tofu hergestellt?
Aus der lokal angebauten Soja entsteht ein Produkt, das für viele noch geheimnisvoll wirkt, aber in Wahrheit ähnlich wie Käse hergestellt wird.
Der Prozess beginnt mit dem Einweichen der Sojabohnen für mindestens zwölf Stunden, bis sie Wasser aufnehmen und weich werden. Danach werden sie fein gemahlen, gekocht und ergeben so die sogenannte Sojamilch.
Diese wird:
-
gefiltert,
-
mit Nigari (einem natürlichen Gerinnungsmittel aus Meersalz) gekoagelt,
-
in Tofubröckchen getrennt,
-
manuell gesammelt,
-
gepresst
– bis der typische Block entsteht, den wir im Handel finden.
Ein scheinbar einfacher Prozess, der in Wahrheit Präzision und Fingerspitzengefühl erfordert. Und wie Pablo betont:
„Die Verarbeitung bleibt handwerklich. Jede Phase wird von Hand ausgeführt, im Gleichgewicht von Technik und Intuition.“
Jeder Tofublock ist ein wenig anders – und auf seine Weise einzigartig.
Eine Zutat für jede Küche
Trotz Vorurteilen ist Tofu nicht nur für Veganer oder Vegetarier.
„In Asien wird er oft mit Fleisch oder Fisch gekocht. Sein neutraler Geschmack ist ein Vorteil: Er nimmt Marinaden perfekt auf und passt zu unzähligen Rezepten.“
Deshalb fördert Pablo die Verwendung von Tofu:
- in Schulkantinen
- in Spitälern
- in Altersheimen
- in Kochkursen
- in neuen Rezepten, die seine Vielseitigkeit zeigen
„Ältere Menschen tun sich etwas schwer, weil Tofu nicht Teil ihrer Tradition ist. Aber wenn wir Schulen und junge Menschen sensibilisieren, wird die Nachfrage wachsen.“
Der oft erhobene Vorwurf, Tofu sei fade, ist für Pablo gerade sein Pluspunkt:
„Er ist vielseitig und wandelbar: Man kann ihm jeden Geschmack verleihen.“
Zum Beispiel:
- Tofu in Tomatensauce für eine mediterrane Note
- mit Tamari oder asiatischen Saucen für mehr Charakter
- als Füllung für Teigtaschen
- oder sogar in Desserts
Vom Aperitif bis zum Dessert – Tofu kann überall seinen Platz finden.
Artikel von Alice Tognacci
Fotos und Videos von Alessia Rauseo




